Historischer 7-Zoll Zeiss-Refraktor

Hauptgerät in der Kuppel

Unser Stolz ist zweifelsfrei der historische Zeiss Refraktor. Gebaut vor über 100 Jahren ist dieses Gerät noch bei jeder Führung im Einsatz und kann damit auf eine stolze Zahl von über einer halbe Million Beobachtungen zurück blicken.

Nachführung

Das Zeiss-Teleskop hat nicht nur eine sehr gute Optik (so dass es auch nach 100 Jahren noch Spaß macht, damit zu beobachten), sondern auch eine sehr beeindruckende Mechanik. Dank Gewichten, Fliehkraftregler und einer aufwändigen Untersetzung ist es selbstständig dazu in der Lage, die Erdrotation rein mechanisch auszugleichen. Allein für diese beeindruckende Technik lohnt sich ein Besuch auf der Sternwarte Stuttgart.

Fliehkraftregler

Schon seit dem 18. Jahrhundert werden Fliehkraftregler dafür verwendet Geschwindigkeiten konstant zu halten. So auch bei unserem Zeiss-Refraktor.

variable Geschwindigkeiten

Bei manchen Beobachtungsobjekte benötigen wir unterschiedliche Nachführungsgeschwindigkeiten, um sowohl die Erdrotation als auch die Eigenbewegung der Objekte auszugleichen.

Die immer noch präzise Regelung an der Montierung ist ein Kunstwerk für sich selbst.

Gavierende Teilkreise

Meist werden die Beobachtungsobjekte am Zeiss “frei Hand” eingestellt, das Zeiss verfügt aber auch über gravierte Teilkreise sowie das speziell für das Zeiss-Teleskop entwickelte SkyPos-System, um mittels Koordinaten das Teleskop auf das gewünschte Himmelsobjekt auszurichten.

Beobachtungen

Insbesondere für die Mondbeobachtung, für Planeten und für Doppelsterne ist es eine wertvolle Bereicherung jeder nächtlichen Führung. Hier wurde der Mond durch das Zeiss-Teleskop aufgenommen.

Zusätzlich ist es auch in den Sommermonaten tagsüber bei Sonnenbeobachtungen (natürlich nur mit Spezialfilter) im Einsatz.

Sonnenbeobachtung

Unser Zeiss-Teleskop wird auch für die in den Sommermonaten stattfindenden Sonnenführungen im Weißlicht und h-Alpha genutzt. Sonnenführungen finden passenderweise am Sonntag statt.

Vorgeschichte

Ursprünglich stand in der Hauptkuppel der Sternwarte ein noch älteres Teleskop.

1890 erstand der Industrielle Villeroy (Villeroy & Boch) in Paris eine Objektivlinse (Achromat, 8,8“=220mm Öffnung, 2820mm Brennweite) und baute sie in einen konischen Tubus aus Stahlblech ein.

1911 kaufte Prof. Anton Staus das Fernrohr von Villeroys Sohn und stellte es 1922 der Sternwarte Stuttgart zur Verfügung.

Anton Kutter beobachtete damit 1924 die Marsoppossition und bemerkte das bessere Bild gegenüber einem formal gleichwertigen Spiegelteleskop. Diese Erkenntnis führte schließlich zu seiner Entwicklung des Schiefspieglers.

Während des 2. Weltkrieges war das Teleskop ausgelagert. Durch Brandeinwirkung wurden die meisten Teile des Teleskops zerstört oder stark beschädigt.

Prof. Dr. Anton Staus (Bild: „40 Jahre Sternwarte Stuttgart“, Schwäbische Sternwarte e.V. 1962)

Prof. Dr. Anton Staus
(Bild: „40 Jahre Sternwarte Stuttgart“, Schwäbische Sternwarte e.V. 1962)

Provisorisch wieder hergerichtet kehrte dieser “Villeroy-Refraktor” nach dem Krieg nur kurz wieder in die Hauptkuppel zurück, diente aber in umgebauten Zustand noch von 1971-1999 als Vorläufer des 16″-Newton-Teleskops auf der Terrasse als Beobachtungsgerät.

Geschichte des Zeiss-Teleskop

Plakette auf dem Zeiss Teleskop

Plakette auf dem Zeiss Teleskop

Heute steht in der großen Kuppe der Sternwarte ein historisches Teleskop der Firma Zeiss.

Dieser sogenannte “Eisemann-Refraktor” wurde vermutlich (fast alle Unterlagen bei Zeiss gingen im 2. Weltkrieg verloren) um 1911 gefertigt.

Der Fabrikant Ernst Eisemann aus Korntal erwarb dieses Teleskop. Er hatte mehrere Patente, insbesondere mit seinen Erfindungen zur Zündkerze, die er auch in seiner eigenen Fabrik fertigte, erlangte er einen gewissen Wohlstand. Für seine Villa in Korntal-Münchingen (dem ersten Haus mit elektrischer Beleuchtung am Ort) kaufte er sich das Zeiss-Teleskop. Als in den Zwischenkriegsjahren seine Firma in Schwierigkeiten geriet wurde sie schließlich in die Firma Bosch eingegliedert. Er selbst arbeitete noch eine Zeitlang für Bosch weiter. Es ist anzunehmen, dass er hier weitere Personen für die Astronomie begeistern konnte. So baute z.B. 1934 der führende Bosch-Mitarbeiter Hermann Fellmeth die heutige Universitätssternwarte Pfaffenwald.

Im Jahr 1948 – Ernst Eisemann war schon länger verstorben – stellte seine Tochter Auguste Kessler aus Wasseralfingen sein Zeiss-Teleskop der Sternwarte Stuttgart zur Verfügung. Zum 30-jährigen Jubiläum der Sternwarte stiftete sie es 1952 dem Verein.

Im Laufe der Jahre wurden unterschiedliche weitere Teleskope “huckepack” zum Zeiss-Teleskop montiert.
In den Jahren 1991/92 wurde dann das Teleskop mit großem Einsatz von Vereinsmitgliedern fachmännisch restauriert und im Wesentlichen in seinen jetzigen Zustand gebracht. Lediglich das H-alpha-Teleskop wurde 2011 durch ein deutlich leistungsfähigeres Modell ausgetauscht. Im Jahr 2011 konnte dann auch schließlich das 100-jährige Jubiläum des Zeiss-Teleskops mit einem großen Festakt gefeiert werden.

Auguste Kessler
(Bild: „40 Jahre Sternwarte Stuttgart“, Schwäbische Sternwarte e.V. 1962)

Nach einer Beschädigung durch Rauchgas durch den Brand der Sternwarte 2015 wurde das Teleskop zuletzt 2016/2017 durch die Firma 4H Jena umfassend gereinigt und restautiert.

Photo of 100 years celebrations

Festakt zum 100-jährigen Jubiläum des Zeiss-Teleskops

Fernrohre mit einer mechanischen Präzision wie das Zeiss-Fernrohr werden in dieser Größe heute gar nicht mehr hergestellt. Aus diesem Grund ist das Zeiss-Fernrohr heute unbezahlbar.

Zahlen und Fakten zum Teleskop

Öffnung 7″ (17.78cm)
Brennweite 2590mm
Öffnungsverhältnis f14,6
Bauart Achromat (Linsenteleskop mit zwei Linsen)
Hersteller Carl Zeiss Jena
Auflösungsvermögen 0,77″
Lichtsammelvermögen (Dieser Wert gibt an wie viel mehr Licht das Teleskop im Vergleich zum menschlichen Auge sammelt) 639,4
Maximal Vergrößerung ca. 250-fach